Die Künstlerin Susanne Zemrosser ist vielen vor allem durch das über 50 m lange Wandgemälde am Praterstern bekannt. „Einen Traum träumen und ihn mit anderen teilen“ ist der Titel dieses Werkes und gibt uns schon einen Hinweis auf die Künstlerin und ihr Werk.
Susanne Zemrosser ist eine Frau mit Tiefgang, mit einer ganz eigenen und sehr poetischen Bildsprache. Da sie als Künstlerin in keine der üblichen Schublade passt, irritiert sie und fasziniert zugleich. Sie verbindet nicht nur auf bemerkenswerte Weise Kunst und Kunsthandwerk, sondern schafft es auch, persönliche Krisen und Tiefschläge zu transformieren und in Bilder voller Schönheit, Anmut und Phantasie zu verwandeln.
Nur wer sich einen Hauch von Poesie und kindlichem Staunen erhalten hat, findet Zugang zu ihrer Bilderwelt. Wie im Traum entspinnen sich Geschichten auf Leinwand oder Papier. Kindheitserinnerungen werden geweckt, an eine Zeit als Wirklichkeit und Phantasie noch miteinander verschmolzen – als es noch kein Entweder-oder gab, sondern alles möglich erschien.
Das Leben
Susanne Zemrosser ist in einer Kleinstadt in Kärnten sehr behütet aufgewachsen. Ein Bleistift war ihr liebstes Spielzeug, mit ihm konnte sie sich stundenlang beschäftigen – das Zeichnen war ihre große Leidenschaft. Und als ihr Bruder ihr von einer Reise eine große Papierrolle mitbrachte und Bleistifte in allen Stärken, eröffnete sich ihr eine ganz neue Welt voll ungeahnter Möglichkeiten.
Trotzdem ergriff sie nicht gleich die Laufbahn einer Künstlerin. Sie wollte ursprünglich Kindergärtnerin werden, erkannte aber bald, dass das nicht ihr Metier ist. Ihr Vater, ein lebenskluger Mann, veranlasste sie dazu, die Schule trotzdem fertig zu machen und versprach ihr, er würde sie bei einem anschließenden Kunststudium unterstützen.
So kam es, dass die junge Kärntnerin 1980 nach Wien ging mit der festen Absicht Kunst zu studieren. Doch da sie keinerlei Ahnung hatte, wie man eine Bewerbungsmappe zusammenstellt bzw. was für Vorkenntnisse gefordert werden, wurde sie vorerst an der Akademie der bildenden Künste abgewiesen. Doch Susanne gab nicht auf, besuchte Kurse an der Künstlerischen Volkshochschule, zeichnete und malte und fand in Axel Litschke schließlich jemanden, der ihr dabei half, eine Mappe zusammenzustellen, die die Professoren an der Akademie überzeugte und so wurde ihr Traum vom Kunststudium wahr.
1981 – 1984 studierte sie an der Akademie der bildenden Künste in Wien, bei Prof. Anton Lehmden, Malerei. Da sie sich auch für Druckgrafik interessierte, aber nicht komplett in die Druckgrafik wechseln wollte, wechselte sie 1984 kurzerhand die Hochschule und studierte fortan an der Hochschule für angewandte Kunst in Wien. Denn dort herrschte ein offeneres Klima, dass den Studenten die Möglichkeit bot, sich mit den verschiedensten Techniken der bildenden Kunst auseinanderzusetzen und dennoch in der Meisterklasse für Malerei zu bleiben. Ihre Professoren dort waren Carl Ungar und Adolf Frohner. 1987 schloss sie ihr Studium mit dem Diplom zum Mag. Art. ab. Es folgten in den darauffolgenden Jahren mehrere Studienreisen.
Unterwegs in Sachen Kunst
Vor allem die Reisen nach Indien (1993/94) und Japan (1995/98) erschlossen der jungen Künstlerin eine ganz neue Welt.
Die Aufenthalte in Indien, wo das Leben vibrierte und in all seinen Facetten sichtbar war, führten zu einem persönlichen Reifungsprozess. Dort sah sie auch die Seiten des Lebens, die ihr durch ihre behütete Kindheit bisher verborgen geblieben waren – Krankheit, Armut und Not, doch auch unermessliche Prachtentfaltung, Farbenreichtum und Schönheit – eben das Leben in all seiner Vielfalt. 3 Monate verbrachte Susanne bei ihrem ersten Aufenthalt in Indien in einem Künstlerdorf, wo sie zusammen mit indischen Künstlern lebte und arbeitete. 1994 folgten weitere Studienaufenthalte in Indien.
1995 erhielt sie ein Stipendium für einen Studienaufenthalt in Holland, und 1996 folgte sie einer Einladung des „European Ceramics Workcentre“ in s`Hertogenbosch /Holland, wo sie ein einzigartiges Equipment vorfand (riesige Keramiköfen, Werkhallen …) und 3 Monate zusammen mit großartigen internationalen Keramik-Künstlern arbeiten und ihre Ideen 3-dimensional umsetzen konnte.
Transformation
Der Tod es Vaters (1991), der die Künstlerin sehr traf und mit der Endlichkeit des Lebens konfrontierte, führten zu einer intensiven Auseinandersetzung mit den Tabu-Themen unserer Gesellschaft – Tod und Sterben. Susanne Zemrosser transformierte den eigenen Schmerz und entwickelte daraus ein Kunst-Projekt.
Das Projekt „NOMADEN – Leben, Sterben und Tod in verschiedenen Kulturen“ – von Susanne ins Leben gerufen, organisiert und durchgeführt – führte sie in mehreren Länder, wo sie mit Künstlern verschiedener Nationalitäten arbeitete und ausstellte. Elemente der bildenden Kunst wurden mit Interviews, Einsichten und Ansichten der Bevölkerung des jeweiligen Landes zu den Thema verbunden und fand seinen Abschluss in einem Katalog. Das Projekt brachte sie nach England, Schweden, Japan und Indien.
1999 kehrte Susanne Zemrosser nach Wien zurück, wo sie bald darauf ihre Tochter Sophia zur Welt brachte und sich fortan voll und ganz dem Leben widmete – als Künstlerin und Mutter.
Das künstlerische Werk
Susanne Zemrosser geht seit jeher ihren eigenen Weg. Abseits vom Mainstream erschafft sie eine Bildwelt, in der Schönheit, Phantasie und Poesie regieren. Es ist keine Abkehr von der Realität, sondern ein Suchen und Finden einer den Alltag transformierenden Wirklichkeit.
Sie lässt sich vom Leben und von Gedichten inspirieren, arbeitet in Werkszyklen, auf Papier oder Leinwand, mit Eitemperafarben, manchmal ergänzt mit Papierschnitten. Oft finden sich Anlehnungen an ihre Reisen in den Bildern – so erinnern ihre Papierschnitte oder Koi-Motive in ihren großformatigen mehrteiligen Werken den Betrachter an Japan.
Ergänzend zu den Bildern gibt es immer auch einen Text von Susanne, der ihren Zugang zu dem jeweiligen Thema zeigt.
Love Letters
Zur Zeit arbeitet Susanne Zemrosser an einer Serie mit dem Titel „Love Letters – eine Reise“, die sie ihrer im vergangenen Jahr verstorbenen Mutter widmet.
Ja, Liebe ist der Weg, der Weg hin zu uns selbst, zur Freude und zurück zu dem Urvertrauen, der Gewissheit „alles ist gut – so wie es ist“. Eine Reise hin zu mehr Mitgefühl und Verständnis für uns selbst und den anderen. Love Letters sind „Liebesbriefe“ an das Leben und die Liebe. Sie sind Ausdruck der Freude, die wir empfinden, wenn zwei Menschen in Resonanz gehen und gemeinsam schwingen.
Die Musen
Da sie neben den bekannten Kunsttechniken (Malerei, Zeichnung, Druckgrafik und Skulpturen), auch das Kunsthandwerk seit jeher faszinierte, fand sie eine bezaubernde Möglichkeit beides zu verbinden. Die „Musen“ betraten ihr (Künstler-)Leben.
Die „Musen“ – Wesen aus Stoff, jede ein Unikat, wollen inspirieren. Liebevoll genäht und bestickt, tummeln sie sich zu Hauf in ihrem Atelier. „Die werden nochmal gefragte Sammlerstücke“ ist die Künstlerin überzeugt und ich denke, sie hat recht. Je länger ich sie betrachte, desto mehr faszinieren sie mich mit ihrem spröden Charme – sie scheinen nicht gefallen zu wollen, sondern wirken in sich ruhend und sich ihrer selbst bewusst, verspielt und doch ernst, verträumt und doch echt. Ähnlich den Katzen, scheinen sie ihren eigenen Kopf zu haben, unbestechlich und doch anhänglich, wenn sie sich für jemanden entschieden haben. Ja, das trifft es wohl am ehesten – eine Muse kauft man nicht einfach, sie wählt ihren Besitzer.
Die „Musen“ fanden auch Einzug in das Buchprojekt „MUSEN – Lyrische Impressionen“. Eine Kooperation von Ingeborg Karin Hoflehner und Susanne Zemrosser, erschienen im Verlag Vier JahreszeitenHaus.
Großprojekte
2007 erhielt Susanne Zemrosser den Auftrag für die Wiener Linien die Vorlage für ein Emailgemälde zu entwerfen, das die gesamte Wand im Durchgangsbereich von der U2 zur U1 zieren soll. 2008 wurde das fertige Werk mit dem Titel „Einen Traum träumen und ihn mit anderen teilen“ präsentiert. Die Entstehung war sehr spannend für Susanne und es wurde letztendlich mit 50,63 m Länge und 2,61 m Höhe das größte Emailgemälde der Welt und fand Aufnahme ins Guiness-Book-of-Records.
2009/2010 wurde ein weiteres Großprojekt realisiert. Es entstand das Fries „Der Atem des Lebens“ das auf einer Länge von 90 m die Wände der Ambulanz für Schwangere am Landeskrankenhaus Villach, Abteilung für Gynäkologie und Geburtenhilfe, die Besucher begleitet (Eitempera auf Leinwand).
Großprojekte wie diese sind leider heutzutage selten. Schade, denn gerade Projekte wie diese ermöglichen es Künstlerinnen, wie Susanne Zemrosser, nicht nur FÜR die Kunst sondern auch VON der Kunst zu leben.
Susannes Träume
Das Teppich-Projekt, ist ein Traum von Susanne, der noch auf seine Verwirklichung wartet. Geplant ist die Produktion von handgewebten (Wand-)Teppichen nach Bildvorlagen von Susanne. Am liebsten in Kooperation mit einem Förderprojekt für Frauen, wie es schon einige in Marokko, Indien und Nepal gibt, oder anderen sozialen Projekten. Ganz nach dem Credo „Einen Traum träumen und ihn mit anderen teilen“.
Jetzt wo ihre Tochter erwachsen wird, zieht es sie auch wieder in die Ferne, in exotische Gefilde, hin zu neuen Bildwelten. Im Gespräch sind Neuseeland, Indonesien und Japan. Und wir dürfen uns darauf freuen, was sie von dort mitbringt – an inspirierten Bildern, neuen Ideen und traumhaften Wesen.
Mehr über ihre Visionen und ihre Weltsicht verrät uns die Künstlerin auf ihrer Homepage unter VISIONEN und in ihren Texten zu den einzelnen Bilderserien.
Kurzinfo Susanne Zemrosser
geboren 1962 in Kärnten, lebt und arbeitet in Wien
Einzelausstellungen und Gruppenausstellungen in Österreich, Italien, Schweiz, England, Schweden, Bulgarien, Holland, Polen, Japan, Indien, USA.
Werke in zahlreichen öffentlichen und privaten Sammlungen.
Mehr über die Künstlerin und ihr Werk findest du unter: www.susanne-zemrosser.at
(Oktober 2016)
Portraitfotos: Susanne Zemrosser
Sonstige Fotos: Andrea Bauer