… organisiert seit 10 Jahren die Tagebuchtage – eine Veranstaltungsreihe, die eine Vielzahl von Lesungen, Vorträgen, Workshops, Gesprächen und Ausstellungen beinhaltet.
Die Tagebuchtage finden jedes Jahr zwischen 1. und 25. November statt. Sie möchten möglichst viele Menschen zum Tagebuch schreiben animieren und auf all die wunderbaren Zeitzeugnisse aufmerksam machen, die auf diese Weise bereits entstanden sind.
In letzter Zeit werden auch von der historischen Forschung immer häufiger Tagebücher herangezogen um uns im Rahmen von Ausstellungen zu einer bestimmten Zeitepoche auch persönliche Einblicke zu geben. Das verhilft uns zu einem wunderbaren geschichtlichen und menschlichen Gesamtbild, zeigt wie unterschiedlich die Menschen die damaligen Ereignisse wahrgenommen haben und wie diese ihr Leben und Denken beeinflusst haben.
Wie alles begann
Als es 2004 Überlegungen zur Neugestaltung der Stadtbahnbögen gab, hat Traute Molik-Riemer ein Konzept eingereicht, dass die Errichtung eines Tagebuch-Centers beinhaltete. Geplant war eine Spezialbibiothek (als Anhang zur Hauptbibliothek), die veröffentlichte Tagebücher umfassen sollte, sowie Autobiografien. Doch es sollte auch Workshops, einen Veranstaltungsraum u.v.m. geben.
Leider wurde dieses schöne Konzept noch nicht verwirklicht, doch es war die Geburtsstunde des Tagebuchtages, dem sich Traute seither mit großer Leidenschaft und Engagement widmet.
Was Traute selbst mit den Tagebüchern verbindet
Traute schreibt nicht nur selbst seit ihrem 12. Lebensjahr ein Tagebuch, hat aber auch lange Zeit während ihrer Berufstätigkeit als Grafikdesignerin nur sporadisch Tagebuch geführt. Erst mit ca. 50 Jahren begann sie wieder intensiver zu schreiben, neben Tagebüchern und einer Familienchronik auch zwei Bücher über Gesundheit mit Wasser.
Künstlerisch hat sie in dieser Zeit einen Zyklus geschaffen, den man als eine andere Form des Tagebuchs ansehen kann. So entstand eine Druckgrafik-Serie aus 200 Radierungen, der sich „Assoziationen“ nennt und das Leben einer Frau
dokumentiert – von der Geburt bis zum Tod.
Außerdem entstand lange vor der Idee Tagebuchtag ein Acrylbild auf 40 m Segelleinen, das Menschen zeigt, die der Künstlerin in ihrem Leben begegnet sind. Es besteht also für Traute Molik-Riemer eine enge Verbindung zwischen schreiben und darstellen.
Das Motto des Tagebuchtages:
Jedes Leben ist etwas besonderes, jede Stimme soll gehört werden, auch deine!
Warum finden die Tagebuchtage im November statt?
Der „Welttag des Tagebuchs“ wird in Erinnerung an Anne Frank, am 12. Juni gefeiert. An ihrem 13. Geburtstag, dem 12. Juni 1942, bekam Anne Frank von ihrem Vater ein Tagebuch geschenkt, das wohl zu einem der bekanntesten Zeitzeugnisse der Welt wurde. Dieses Tagebuch der Anne Frank war seinerzeit sogar der Grund, warum Traute ihr Jungmädchentagebuch begann…
Doch die österreichischen Tagebuchtage finden vor allem deshalb im November statt, weil der Spätherbst die Jahreszeit ist, in der man sich gerne ein bisschen zurückzieht auch Innenschau hält und sich mental auf Weihnachten vorbereitet – oder auch Tagebuch schreibt. Außerdem ist der November eine gute Zeit für eine Veranstaltungsreihe, da es eine eher ruhige Zeit ist, was Veranstaltungen (vor allem in Wien) betrifft.
Wer steht hinter der Organisation?
Traute Molik-Riemer ist die Initiatorin und bisher alleinige Organisatorin. Das bedeutet, dass sie sowohl die ganze Korrespondenz mit potentiellen Teilnehmern bewältigt, das Layout des Programmfolders gestaltet und die Auslieferung der Programme organisiert – alles ehrenamtlich. Druck und Versand der Folder fördert WienKultur. Heuer war das Programmheft eine besondere Herausforderung: Zum Jubiläumsjahr ist ein 16-seitiger Folder entstanden, der neben über hundert Veranstaltungsankündigungen auch eine Rückschau auf vergangene Veranstaltungen enthält.
Link zum Folder des Tagebuchtages 2015
Ein kleiner Rückblick auf vergangene Tagebuchtage
Wie aufwändig ist ein solches Projekt?
Während des ganzen Jahres beobachtet Traute Ankündigungen in Medien auf der Suche nach neuen möglichen Veranstaltern (Literaturvereine, Theater, Museen usw.), diesen sendet sie dann per Mail die Unterlagen zur Teilnahme am Tagebuchtag. Ergibt sich ein Kontakt, dann wird der Veranstaltungsort in die Adressliste aufgenommen und bekommt – wie alle schon bestehenden ca. 400 Kontakte 3 bis 4 mal jährlich ein Erinnerungsmail. Kurz vor Redaktionsschluss am 15. September erinnert Traute die VeranstalterInnen, die ihre Meldung noch nicht oder nicht komplett abgegeben haben. Schon Anfang September ist der Tagebuchtag-Folder fast fertig in InDesign konzipiert und wartet nur noch auf die Nachzügler. In der Woche, die der Druck dann braucht, schreibt Traute die Plakate, die sie jedem/r TeilnehmerIn Anfang Oktober mit den Programmfolder zusendet, um den Tagebuchtag auch nach außen hin zu bewerben. Jeweils ab Juli werden Presseaussendungen an die Medien gesendet.
Da Traute nicht mehr die Jüngste ist, freut sie sich, dass es seit heuer ein Tagebuchtag-TEAM gibt: Eva-Maria Greis wird sich in die Agenda des Tagebuchtages einarbeiten und diesen step by step nächstes Jahr übernehmen. Anna Krizanits, ehemalige Graphik-Kollegin von Traute, hört sich nach neuen Veranstaltungen um, heuer schon mit beachtlichem Erfolg. Letzteres wird auch Traute weiterhin machen.
Wie finanziert sich der Tagebuchtag?
Der Verein für Forschungsdokumentation und Präsentation von schriftlichen Erinnerungen, dessen Obfrau Traute Molik-Riemer ist, bekommt von WienKultur eine Förderung, die den Druck und die Versandkosten der Folder sowie die jährliche Gebühr für die Website abdecken sollte.
Für die in Wien bestehenden Sammlungen „Dokumentation lebensgeschichtlicher Aufzeichnungen“ und „Frauennachlässe“ wirbt der Programmfolder gratis, da es das wissenschaftliche Anliegen des Tagebuchtages ist, diese Sammlungen zu vergrößern.
Traute betreut auch die Homepage des Tagebuchtages
Auf der Homepage www.tagebuchtag.at finden sich viele interessante Informationen rund ums Tagebuch, welche berühmte Personen der Geschichte und Zeitgeschichte der „Diary-Mania“, dem Tagbuchschreiben, verfallen waren, wo es die Tagebuchsammlungen in Österreich und der EU gibt u.v.m.
Anmerkung: leider gibt es die Homepage nicht mehr.
Nachdem sich Traute von dem Projekt weitestgehend zurückgezogen hat und Fördermittel für den weiteren Betreib der Homepage ausblieben, ist dieses schöne Projekt nach 11 Jahren gestorben.
Was mich daran fasziniert:
Ich finde es großartig, dass es Projekte wie dieses gibt. Doch ohne Menschen wie Traute (und in Zukunft das neue Tagebuch-Team) die sich voll dafür engagieren und ihre Arbeitskraft ehrenamtlich dafür zur Verfügung stellen, wäre unsere Gesellschaft um viele wunderbare Kulturveranstaltungen ärmer. Es ist dies ein wunderbares Beispiel, was ein einzelner Mensch bewirken kann, wenn er für eine Sache brennt.
Danke Traute!
Ich selbst schreibe (mit Unterbrechungen) seit der Pubertät Tagebuch. Ich nütze es gerne zum Nachdenken, zum Klären meine Gedanken, zum Träumen, um schöner Erlebnisse oder gute Ideen festzuhalten u.v.m.
Seit ich „Der Weg des Künstlers“ von Julia Cameron gelesen habe, hab ich mir auch angewöhnt, meinen Tag mit dem Schreiben der ‚Morgenseiten‘ zu beginnen. Nachdem ich erst mal meinen Gedankenmüll auf diese Art entsorgt habe, starte ich frisch und vergnügt in den Tag.
Eine Anleitung für die ‚Morgenseiten‘ nach Julia Cameron hab ich auf der Seite von Susanne Brigitte Hallig „10×10 Tagespläne“ für dich gefunden.
Kurzinfo zu Traute Molik-Riemer
- geboren 1942 in Kiel, aufgewachsen in Niederösterreich, lebt in Wien
- Außerord. Studium der Bildhauerei bei Prof. Knesl an der Universität f. Angewandte Kunst Wien
- Künstlerin (Malerei, Druckgrafik)
- Organisatorin des Tagebuchtages
(Oktober 2015)
Fotos @Traute Molik-Riemer